Die Vorsehung Gottes

■ Einem jeden von uns gelingt nicht immer alles, was wir vorher geplant oder uns konkret vorgenommen haben im Leben. So will man z.B. einen Schrank zusammenbauen oder irgendetwas reparieren, und es gelingt einem nicht, ohne dass da etwas schief und schräg wird oder die Reparatur komplett erfolglos bleibt. Oder man will das Geschirr spülen oder die Wohnung von gröberem Schmutz staubsaugen, und dabei geht entweder ein Teller in tausend Scherben zu Boden oder der Staubsauger gibt ausgerechnet jetzt den Geist auf. In anderen Fällen verpasst man den Zug oder bleibt auf der Autobahn im Stau stecken und verpasst so wichtige Termine. Und so weiter und so fort.
Natürlich kann man sich dann wegen des Misserfolgs oder der betreffenden Verspätung aufregen und dafür Schuldige suchen bzw. das ganze betreffende System kritisieren. Ein sachliches Dem-Problem-Auf-Die-Spur-Gehen ist natürlich sinnvoll und hilfreich, damit nämlich entweder die Technik richtig funktioniert oder die Menschen ihre Arbeit richtig und gewissenhaft erfüllen. Sehr häufig überschreiten wir aber die gesunden und gebotenen Grenzen der Sachlichkeit und werden auf die eine oder andere Weise übertrieben emotional bzw. geben auf eine unsachliche Art lieber allen anderen die Schuld, statt eigentlich sich selbst an der Nase zu packen.
Wenn sich aber die erste starke Empörung legt und wir anfangen, sachlich zu denken, stellen wir fest bzw. müssen ehrlich zugeben, dass der betreffende Misserfolg und die anfänglich an sich sehr ärgerliche Verspätung dann auch für etwas gut waren bzw. uns eine bestimmte andere Option zum Tun des Guten eröffnet haben. Entweder haben wir dann einen Menschen in irgendeiner Not getroffen und konnten ihm trostvolle Worte zusprechen, die ihm dann viel bedeuteten. Oder wir konnten endlich einmal mehr Zeit unseren Kindern, Ehegatten und Familienangehörigen zuwenden, was manch einen bereits schwelenden familiären Konflikt entspannte oder sogar für Versöhnung sorgte.
Oder z.B. ein Priester konnte wegen des schlechten Wetters oder der Absage eines Fluges zu seinem Leidwesen zwar nicht eine bestimmte seelsorgliche Reise antreten, dafür aber wurde er dann in die Lage gesetzt, einen bald darauf eingehenden Anruf anzunehmen und einem Sterbenden noch rechtzeitig die hl. Sakramente zu spenden. Und Gott allein weiß ja, wer was dringender braucht.
Wenn wir persönlich solche konkreten Erfahrungen machen, fangen wir an zu erahnen, was es auf sich hat mit der Vorsehung Gottes! Gott überblickt nicht nur gegenwärtig die gesamte Realität, sondern sieht diese auch in der Zukunft voraus. Nicht selten erkennt und versteht der Mensch erst viel später und mit längerem zeitlichem Abstand das Wirken der Vorsehung Gottes. Zwar macht man sich an sich nicht unberechtigt viel Sorgen wegen des betreffenden Misserfolgs oder dem Zusammenkrachen der eigenen Pläne. Aber oft erst nach Jahren und bisweilen Jahrzehnten fängt der Mensch an zu verstehen, was und wofür in der Vergangenheit gut war, was damals gegen unsere eigene Vorstellung lief.
So brachte jemand diesbezüglich einen sehr schönen Vergleich mit einem großen Mosaikbild. Wenn man nur wenige Zentimeter vor diesem steht, sieht man nur einige wenige Mosaiksteine und versteht nicht ihre konkrete Bedeutung im Gesamtbild. Macht man einen Schritt zurück, erblickt man höchstens eine Person bzw. einen nicht sehr großen Teil des Gesamtbildes. Macht man aber zehn-zwanzig Schritte zurück, sieht man bereits einen nennenswerten Teil des Kunstwerks. Und bei ganz großen Gemälden muss man bisweilen sogar bis zu 50 oder mehr Meter zurücktreten, um erst das Gesamtbild überblicken und bewundern zu können!
Ähnlich verhält es sich mit dem verborgenen Wirken Gottes in unserem Leben. Nicht selten muss man eben erst einen größeren zeitlichen Abstand zu einem bestimmten Geschehen oder Ereignis im eigenen Leben gewinnen, um es in seiner länger andauernden und somit eigentlichen Bedeutung für das eigene Leben verstehen zu können. Erst dann kann oft sogar auch sowohl die große Dankbarkeit als auch die tiefe Wertschätzung des betreffenden Eingreifens Gottes entgegen unserer eigenen Vorstellung entstehen!
Wir alle kennen ja die Volksweisheit: „Der Mensch denkt und Gott lenkt“. Und wie lautet dann, scherzhaft gefragt, die grammatikalische Imperfekt-Form dieses Satzes? „Der Mensch dachte und Gott …lachte“! Seien wir dessen eingedenk, wenn wir das nächste Mal im Begriff sein sollten, uns wegen etwas stark aufzuregen, was nicht nach unseren Plänen laufen sollte. Man stelle sich dann auch die Frage: Was könnte mir Gott denn dadurch eventuell sagen wollen? Oder: Vor was bzw. vor welchem möglicherweise (noch) größeren Übel (Unfall, Krankheit, gefährliche Ansteckung, Tod, starke Versuchung usw.) könnte ich dadurch möglicherweise bewahrt werden?
Wir wissen zwar meistens nicht konkret, wovor wir dadurch bewahrt oder gerettet worden sind. Aber unsere bisherige Erfahrung mit dem segensreichen Eingreifen Gottes in unser Leben entgegen unserer eigenen Vorstellungen sollte unsere momentane und teilweise verständliche Empörung und den Ärger wegen des Misserfolgs oder des Zerschlagens unserer Pläne in gesunden Grenzen halten und unseren inneren geistigen Blick dann möglichst schnell auf die Vorsehung Gottes lenken!
Aber auch wenn wir durch die betreffende Änderung unserer Pläne durch Gott und das Schicksal nicht vor irgendeinem Übel bewahrt werden sollten, will uns Gott dadurch doch irgendetwas sagen bzw. mitteilen. Vielleicht sollten wir dann lernen, weniger in arroganter Weise auf die eigenen Kräfte und Fähigkeiten zu setzen und sowohl mehr auf Gott setzen als auch generell demütiger und bescheidener werden. Oder unser Misserfolg sollte uns anleiten, z.B. unseren Zorn und die Rechthaberei besser in den Griff zu bekommen bzw. endlich aus der Welt zu schaffen, wodurch ja oft genug viele und zudem auch noch schwerwiegende Folgeprobleme entstehen.
Und all dies kann und wird uns dann definitiv sehr viel Gutes bringen bzw. womöglich auch in der Zukunft z.B. vor einem großen Skandal mit unabsehbaren negativen Folgen für uns bzw. für unsere Familie und den Freundeskreis, auf dem Arbeitsplatz oder auch in der Kirchengemeinde bewahren. Man drehe es und wende es also, wie man will – es wäre töricht, das Element der Vorsehung Gottes zu ignorieren bzw. leichtfertig und leichtgläubig nicht mit ihr zu rechnen!
So schlussfolgerte ja auch der hl. Apostel Paulus entsprechend: „Wir wissen, dass denen, die Gott lieben, alles zum Besten gereicht“. (Röm 8,28.) Damit legt er uns allen nahe zu bedenken, ob und wie denn Gott uns auch durch Prüfungen und Widerwärtigkeiten im Leben eigentlich innerlich reinigen und zu stärkerem Gottvertrauen sowie zu einem festeren Glauben und tätigerem Wirken anleiten und erziehen möchte.
■ Besonders schwierig wird es natürlich, auf die Vorsehung Gottes zu setzen und Ihm zu vertrauen, wenn z.B. generell das Dasein und das Wirken der katholischen Kirche und des Christentums insgesamt betroffen werden bzw. sie existenziell in Frage gestellt werden. Man betrachte da doch nur die desaströs-destruktive Wirkung der modernistischen „Reformen“ auf die Köpfe und das Glaubensbewusstsein breiter Schichten von ehemals katholischen Völkern und Nationen. Denn was da entsteht bzw. intentional herangezogen werden soll, ist ein „Glaube“, der praktisch keine essentielle vertikale Dimension mehr enthält und somit weder das Heilige in den Mittelpunkt stellt noch von Gott als der Quelle des übernatürlichen Heils bzw. von Jesus Christus als dem Göttlichen Erlöser spricht.
Nein, was der neuzeitliche Modernismus der „Konzilskirche“ predigt und praktisch einseitig akzentuiert und verkündet, ist lediglich das Streben nach diesseitig-irdischem Wohlergehen der Menschen bzw. die liberalistisch-freimaurerische und somit allerwenigstens unchristliche (und eigentlich sogar antichristliche) Vorstellung von Welt, Gesellschaft und „Kirche“. Zwar werden alle diese Ideale der ach so „aufgeklärten“ Neuzeit in einem sehr „humanen“ Kleid verkauft. Unter dem „Schafspelz“ solcher Ideale verbirgt sich aber die Forderung nach einer derartigen Umgestaltung der Welt, in welcher der Mensch liberalistisch indoktriniert und der Katholizismus bzw. das Christentum insgesamt nivelliert bzw. gleichgeschaltet würden, damit sowohl eine doktrinell-dogmatische wie moralisch-relevante Gleichgültigkeit entstünde, bei welcher bestimmte finanziell einflussreiche Kreise leichtere Kontrolle sowohl über die Köpfe der Menschen als auch dann die geistigen wie materiellen Ressourcen hätten.
Wenn ein gläubiger Christ solchem Treiben zuschauen und sich dann dessen bewusst werden muss, wie intensiv und aggressiv gegenwärtig das Konzept der propagierten Welteinheitsreligion verwirklicht wird, versteht er, dass diese ihrerseits dann als eine effektive Vorstufe zu der im unchristlichen Geist „geeinten Welt“ dienen soll bzw. dazu instrumentalisiert wird, damit im „neuen Zeitalter“ der angeblichen „Menschlichkeit“ Gott (im christlichen Verständnis!) als die oberste moralische Instanz sozusagen entmachtet und abgesetzt und an Seine Stelle der höchsten nun unsittlichen Geltung die menschliche und von christlicher Liebe und Wahrheit komplett abgekoppelte (und daher eigentlich diabolische) Willkürherrschaft gesetzt werden kann! (Inzwischen bemüht sich die UNO, sowohl die Abtreibung als auch die Euthanasie zu einem sog. „Menschenrecht“ zu erklären!)
Wie soll man angesichts solcher tragischen und letztendlich sogar für die gesamte Menschheit schicksalhaften Entwicklungen noch Vertrauen in die Vorsehung Gottes behalten? Ja, es wird da nicht leicht, solches entsprechend zu „verdauen“ und dahinter irgendein Wirken Gottes zu entdecken.
■ Nun, man bedenke, dass sich in einer analogen Situation gerade die frühe Christenheit befand. Kaum sind die Menschen zum Glauben an Jesus Christus als den Göttlichen Erlöser gekommen und haben kirchliche Gemeinden gegründet, wurden sie im damals heidnischen Römischen Reich praktisch sofort stärksten Repressalien und sogar blutigen Verfolgungen ausgesetzt. Man kann es sich vorstellen, dass sich manche da die Frage gestellt haben, wie Gott es denn zulassen könne, dass Sein Reich hier auf Erden so nachhaltig und radikal vernichtet werde, kaum dass die christliche Offenbarungsreligion entstanden ist. Sie konnten sich ja nicht damit trösten, dass in anderen Teilen der Weltkugel die katholische Kirche sich günstig und in Frieden entwickeln und wachsen würde. Nein, sie mussten sehr wohl mit der Sorge leben, dass die gesamte Existenz der Christenheit auf dem Spiel stehe und weitestgehend ausgelöscht werden könnte!
Haben wir als glaubenstreue katholische Christen, die ja um der Treue zu Christus und Seiner Kirche willen unbedingt an der heiligen Überlieferung der von Ihm eingesetzten Heilsinstitution festhalten (wollen), heute denn nicht analoge existenzielle Sorgen? Zwar erleben wir momentan (noch) nicht eine massenhafte physische Verfolgung. Aber wird doch speziell durch die „Konzilskirche“ als der religiös-gefärbten Filiale liberalistisch-finanzstarker Mächtiger dieser Welt schon praktisch der dritten Generation von Katholiken ein Geist aufgezwängt, der eindeutig mehr Ähnlichkeit mit dem weltlichen Zeitgeist und den Idealen der Weltfreimaurerei hat als mit dem Heiligen Geist. Die betreffende geistige Verwüstung nimmt ja kontinuierlich zu und so schwindet ja bei uns auch zunehmend die Hoffnung, dass vielleicht doch noch der wohl von uns allen herbeigesehnte gute Umschwung kommt und die offizielle Kirche den Weg zurück zum überlieferten katholischen Glauben und dem vom Heiligen Geist inspirierten Grunddenken findet.
Und stoßen wir beim Beten auf die folgenden von König David geformten Gebetsworte der Psalmen, haben wir den Eindruck, als hätte er sie für uns verfasst: „Was verstößt Du uns, Gott, für immer? Was lodert Dein Zorn wider die Schäflein auf der Weide? … Alles im Heiligtum hat verwüstet der Feind! Ein Siegeszeichen erhoben Deine Bedränger in Deinem Versammlungsort. Als Siegeszeichen stellten sie ihre Feldzeichen auf. … An Dein Heiligtum legten sie Feuer an. Deines Namens Wohnung entweihten sie bis auf den Grund. Sie sprachen bei sich: ‚Wir wollen sie allesamt vernichten!‘ So brannten sie nieder alle Gottesstätten im Land. … Wie lange, o Gott, darf der Widersacher noch höhnen? Darf der Feind Deinen Namen für ewig lästern? Was hältst Du zurück Deine Hand, Deine Rechte? Zieh sie aus Deinem Busen heraus! Mach ein Ende!“ (Ps 73,1-11.) Wie soll man da nicht die Hoffnung verlieren und auch an der Vorsehung Gottes zweifeln?
Vielleicht sollten wir dann nach demselben Prinzip bildlich gesprochen noch etwas weiter vom betreffenden „Mosaikbild“ zurücktreten! Was sehen wir dann gerade im historischen Kontext der frühen Kirche? Ja, die damaligen Katholiken wurden in den Untergrund gezwungen und konnten nicht öffentlich Jesus Christus predigen. Sie spielten zu dieser Zeit also nicht die geringste Rolle im öffentlichen Leben ihrer jeweiligen politisch-gesellschaftlichen Reiche.
Ja, nicht wenige dieser Christen wurden auch physisch verfolgt und fanden den grausamen Märtyrertod. Sicher gab es dann auch die, deren Glaubensstärke leider nicht genug war, um den betreffenden Einschüchterungen und Bedrohungen erfolgreich zu trotzen, und die dann eben schwach geworden sind und sich unter dem bestehenden Druck eben aus Angst um ihre Existenz und ihr Leben – ob nun öffentlich oder im Stillen – vom Christentum losgesagt haben.
Sicher ist das alles sehr traurig bzw. eine Tragödie. Aber dennoch lässt sich gleichzeitig auch ein anderes Phänomen feststellen: das Blut der Märtyrer wurde praktisch zur wirksamsten „Saat“ – zunächst für die innere Konsolidierung und geistige Verfestigung der sich bereits zum Christentum Bekehrten im Glauben und dann auch für die künftigen Bekehrungen von Außenstehenden zum Glauben! Die Kirche konnte eigentlich nur dank des entschiedenen lebensmäßigen Treuebekenntnisses der „kleinen Herde“ zu Jesus, dem Göttlichen Erlöser, in jeglicher Hinsicht überleben!
Hätte die Kirche als solche damals angefangen, mit den heidnischen Machthabern unwürdig zu taktieren und zu paktieren bzw. wäre sie faule Kompromisse mit ihnen eingegangen, wäre sie genauso nur zu einer Filiale des Heidentums verkommen, wie die „Konzilskirche“ heute sich lediglich als eine von mehreren religiös-gefärbten Abteilungen der Weltfreimaurerei, des Fürsten dieser Welt“ (vgl. Joh 14,30), präsentiert! (Völlig unverständlich bleibt es, wie auch die Priesterbruderschaft St. Pius X. unbedingt eine Filiale einer solchen „Konzilskirche“ sein bzw. auch offiziell anerkannt werden will!) Denn so wie es damals in Rom ja bezeichnenderweise einen heidnischen Tempel als Pantheon aller Religionen gab, so beteiligen sich die Modernisten heute voll bewusst dabei, dass der Katholizismus und das Christentum insgesamt in heilsrelevanter Hinsicht letzten Endes auf dieselbe Geltungsstufe wie sämtliche andere Religionen gestellt würden. Die wiederholten Assisi-Treffen sind dafür doch ein klarer Beweis.
So können auch wir als sog. Katholiken-Traditionalisten heute eigentlich nur dann die Hoffnung auf Gott und das Vertrauen auf Seine Vorsehung haben und behalten, wenn wir unsererseits ebenfalls ohne irgendwelche essentiell-dogmatischen bzw. moraltheologischen Abstriche ein klares und unmissverständliches Bekenntnis zum überlieferten katholischen Glauben und der von Jesus gestifteten Einen, Heiligen, Katholischen und Apostolischen Kirche ablegen, wie sie ihrem geistigen Kern nach alle zweitausend Jahre existiert und gelebt hat. Jede geistige Krise kann eigentlich immer nur in der Besinnung auf den wesentlichen und somit entscheidenden Kern dessen überstanden und bewältigt werden, was für einen sowohl prinzipiell heilig als auch für das eigene Handeln und Urteilen entscheidend ist!
Dabei dürfen wir auch eine andere große Wahrheit nicht vergessen oder übersehen, dass Gott nämlich in anderen Kategorien denkt und urteilt, als der in seinen intellektuellen Fähigkeiten doch begrenzte und sittlich-schwache Mensch es meistens tut! Denn wie schon die Muttergottes feierlich bekannte, „verwirft Er die Herzen voll Hochmut“, „stürzt Gewalthaber vom Thron“ und „lässt Er Reiche leer ausgehen. Dagegen „hebt Er Niedrige empor“ und „erfüllt Er die Hungrigen mit Gütern“. (Lk 1,51-53.)
■ Im Zusammenhang mit der Vorsehung Gottes wurde in der Kirche immer auch der Gedanke an eine mögliche Bestrafung der Gläubigen durch Gott für ihre schwerwiegenden Sünden behandelt. Schon im Alten Testament haben die Propheten dem jüdischen Volk gelegentlich scharf in Erinnerung gerufen, dass manche der großen Übel und Heimsuchungen, die sie da erleiden mussten, ihnen von Gott vielleicht auch im Sinn der Strafe für ihren Abfall von Ihm zugelassen wurden.
Speziell die Babylonische Gefangenschaft des Volkes Israel wurde von den alttestamentarischen Propheten in diesem Licht gesehen. So erinnert der Prophet Ezechiel Israel auch an dessen Verantwortung: „Jerusalem hatte Ich mitten unter die Völker gestellt. Seine Bewohner waren aber widerspenstiger gegen meine Gebote als die Heidenvölker. Darum, so spricht der Herr, weil ihr widerspenstiger waret als die Heidenvölker, werde Ich nun in deiner Mitte Gerichte vollstrecken vor den Augen der Heiden.“ (Ez 5,5-7.)
Dabei wird dem Volk auch der Gedanke transportiert, auch in manchen anderen Stellen des AT, dass die Israeliten mit ihrer Untreue Gott gegenüber ja eigentlich den Namen des Herrn vor den Heidenvölkern entweihen und dann eben den Zorn Gottes insofern erfahren, dass die Heiden sie bedrängen und unterdrücken bzw. in die schmachvolle Verbannung nach Babylon fortführen.
Wenn wir heute z.B. auch an die ganz konkrete große Migrationswelle der letzten Jahrzehnte und speziell seit 2015 von überwiegend nicht-christlichen Menschen nach Europa denken, erfüllt uns dies ja auch mit großer existenzieller Sorge um das Fortbestehen des Christentums in unseren Landen. Denn besonders durch die Zuwanderung vieler Moslems nach Europa wird ja in noch höherem Maß die geistige Identität dieses Kontinents infrage gestellt bzw. seine geistigen Wurzeln des Christentums verraten. Denn der Islam mit seiner aggressiven und intoleranten Ideologie nimmt ja zunehmend Einfluss auf das Leben hier – allein schon mal durch die Angst vieler Menschen, zu bestimmten Tageszeiten auf die Straße zu gehen oder bezüglich des Islam ein sachliches Wort zur Verteidigung des christlichen Glaubensbekenntnisses zu sprechen.
Aber ist diese ganze Entwicklung u.a. nicht auch deswegen erst möglich geworden, weil wir hier vorher unseren gesunden Glauben aufgegeben haben und somit nicht mehr entsprechend wertschätzen? Dann legten wir seit mindestens 50-60 Jahren in der Gesellschaft und leider auch in den offiziellen sog. christlichen „Kirchen“ keinen entscheidenden Wert mehr darauf, eine speziell im christlichen Bekenntnis verwurzelte geistige Haltung sowohl persönlich zu besitzen als auch nach außen zu vertreten als auch gegen andersartige Einflüsse (z.B. durch den Islam) unbedingt zu bewahren! Somit sind vielleicht auch wir selbst als ein großes Kollektiv die, die heute speziell dem Islam erst die Möglichkeit gegeben haben, sich in Europa auszubreiten und zunehmend negativen Einfluss zu nehmen. Muss denn hier ebenfalls erst eine vorsehungsmäßig-brutale Christenverfolgung ausbrechen, bis die europäischen Völker, Gesellschaften und Nationen zum authentischen christlich-katholischen Glauben zurückkehren?
Somit sind vielleicht gerade auch wir es, die es den Islamisten ermöglichen (wobei es vom Koran her keinen Islam ohne Islamismus geben kann), sowohl über uns als auch die Schwäche des Christentums zu lachen und spotten. Wir können uns nun zwar viel über das aggressiv-aufdringliche Gebaren nicht weniger Moslems hier aufregen und empören. Sicher muss man auch kurzfristiger in Politik und öffentlichem Leben entsprechende Schritte unternehmen, die zum Eindämmen der aufkommenden Gefahr der Islamisierung führen, zweifelsohne.
Was wir dann aber zuerst und im eigentlichen Sinn machen müssten, um überhaupt nachhaltig das Problem lösen zu können, ist die grundsätzliche Rückkehr zu unseren geistigen Wurzeln – zur festen Glaubensüberzeugung, dass Jesus Christus der Göttliche Erlöser und der einzige Mittler Gottes ist: „Alle sollen den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren. Wer den Sohn nicht ehrt, der ehrt auch nicht den Vater, der Ihn gesandt hat. Wahrlich, wahrlich, Ich sage euch: Wer mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, der hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern ist schon vom Tod zum Leben übergegangen.“ (Joh 5,23f.)

P. Eugen Rissling

 

 

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